In diesem Artikel erwartet dich eine kleine Anleitung zum Durchziehen einer Ernährungsumstellung.
Als ich 2017 anfing, meine Ernährung in Hinblick auf die Autoimmunkrankheiten auf den Prüfstand zu stellen, fasste ich den Plan, für eine Weile auf Milch, Gluten und Zucker zu verzichten.
Völlig verrückt – weil unerreichbar – kam mir das damals vor, aber ich war fest entschlossen und hatte eigentlich nichts zu verlieren.
Ich suchte mir ein paar Rezepte zusammen, doch schon am zweiten Tag waren mir die guten Ideen (Reis mit Gemüse, Fisch mit Kartoffeln) ausgegangen und ich hatte das Gefühl, mich zu wiederholen. Außerdem musste langsam auch mal wieder etwas wirklich Delikates her! Ein großer Genuss sollte es sein, ein Essen, von dem man sich nachnehmen möchte!
„Was kann ich denn noch essen? Und zwar jetzt!?“
Ich stand suchend in der Küche und klappte ständig alle Schränke auf und zu, auf und zu…
Alles, was lecker war, kam nicht mehr in Frage. Ich konnte das einfach nicht durchziehen!
Nachdem ich mich wieder beruhigt hatte, kam ich auf die Idee, einfach einmal von der anderen Seite an das Problem heranzugehen. Positiv denken hilft ja bekanntlich weiter. So konzentriert sich das Gehirn auf kreative Lösungen und muss sich nicht ständig mit dem Wunsch auseinandersetzen, doch Getreide, Milch und Zucker zu essen. Der stellt sich natürlich automatisch ein, wenn wir uns vornehmen, darauf zu verzichten. „Denken Sie nicht an einen blauen Elefanten!“ – Wir wissen alle, dass das nicht klappen wird.
Also nahm ich mir ein Blatt Papier und begann stattdessen aufzuschreiben, was ich nun alles essen kann.
Ich muss sagen, das war erstaunlich! Im Handumdrehen war dieses Blatt Papier vorne und hinten zweispaltig vollgeschrieben und ich musste mir ein zweites nehmen.
Hier kam also die Erkenntnis, dass es sehr wohl viele Dinge gibt, die ich noch essen kann.
Wo bleibt der Genuss?
Aber… das war nicht das, was ich gesucht hatte. Spinat, Spargel, Pak Choi, Karotten, Wirsing, Pilze…
– ehrlich gesagt macht mich so ein einzelnes Gemüse nur begrenzt an.
Sicher, Spargel mit Soße und Kochschinken ist köstlich, aber die einzelne, gekochte Spargelstange an sich, ohne alles? Das ist es nicht!
Ich brauche, wenn ich diese Ernährungsumstellung durchziehen will, zwingend leckeres Essen!
So, dann lass uns mal schauen!
Was ist es, was unser kulinarisches Herz höher schlagen lässt?
Es sind die Aromen!
Frischer Rosmarin und der köstliche Geruch von gebratenen Kartoffeln in Olivenöl… Der unvergleichliche Duft von gebackenen Äpfeln mit Zimt…
Es sind die Konsistenzen!
Das Knusprige oben auf dem Auflauf… Die cremige Frische eines griechischen Joghurts…
Schließlich sind es auch die harmonischen Zusammenklänge der verschiedenen Geschmäcker
süß – sauer – salzig – umami – bitter.
Wie schmeckt die Aubergine gut? Doch nur, wenn sie gebraten zu einer wahrhaften Umami-Bombe wird! Gedünstet oder als Suppe würde uns dieses Gemüse wohl eher nicht schmecken.
Und der zarte Spargel entfaltet nun einmal am besten gekocht sein Aroma.
Es kommt also gar nicht so sehr auf das einzelne Lebensmittel an, sondern auf die Art und Weise der Zubereitung!
Das Gemüse schmeckt immer nur so gut wie das Gericht, in dem es steckt.
Ich muss also (wenn ich es ernst meine mit der Ernährungsumstellung) lernen, wie ich die guten Sachen richtig lecker zubereiten kann.
Hier ist der Knackpunkt! Ich hielt mich damals für eine ganz passable Köchin, denn ich konnte meine Nudelgerichte, meine Couscous-Salate, meine Gebäckrezepte aus dem Effeff!
Aber – Ich hatte keinen blassen Schimmer, wie man etwa ein Linsengericht oder Broccoli ähnlich schnell und vor allem ähnlich lecker zubereitet.
Mein Wissen über gefühlte 75 % der Gemüsesorten beschränkte sich auf schwammige Vorstellungen darüber, dass es „irgendwie aufwändig“ in der Zubereitung sei.
Ich musste tatsächlich erst lernen, dass man beispielsweise Linsen am allerbesten über Nacht einweicht, dass Linsen aus der Dose dagegen S**eiße schmecken, dass man sie in einer Viertelstunde im Schnellkochtopf zubereitet, dass man sie nicht salzen darf, dass man sie keimen lassen kann, um noch mehr Vitamine und einen ganz köstlichen Geschmack hervorzubringen…
Und ich machte beim Thema Fett einen totalen Paradigmenwechsel durch.
Vorher: „Schmier‘ dir die Butter nur ganz dünn aufs Brot!“
Nachher: „Schmeiß‘ das Brot weg und iss‘ Butter soviel du willst!“
Die Überwindung dieser tiefsitzenden Besorgnis über „zu viel Fett im Essen“ war ein Meilenstein für mein Kochen, für mein Essen, für meine Gesundheit.
Die Genuss-Listen
All diese Feinheiten der Gemüsezubereitung kannte ich nicht!
Also habe ich mir weitere Listen gemacht, die den eigentlichen Genuss ein bisschen besser beschreiben: „Aromatische Gemüse und Gewürze“,„geschmacksgebende Lebensmittel“, „Milchersatz“. Diese Listen hingen in der Anfangszeit in meiner Küche und halfen dabei, mir schnell eine Idee zu liefern, was ich mit dem vorhandenen Gemüse anstellen sollte, ohne vom „Pfade der Tugend“ abzuweichen.
Ich stand mit dem Wirsing in der Küche und sah auf die Liste: Womit könnte der Wirsing gut harmonieren? Kresse? Nö! Knoblauch? Ja, vielleicht.
Zitronenschalen? Oh, interessant!
Zack – war eine Idee da: Ein sämig-cremiger Wirsingtopf in einer zitronigen Soße (Tahine, Cashewmus? Ausprobieren!). Dazu am liebsten etwas kleines, kross gebratenes. Ein Lachsfilet vielleicht. Oder marinierter Tofu, frittiert. Oder in Ringe geschnittene Salsiccia-Wurst aus dem italienischen Supermarkt? Oder… mit glutenfreiem Paniermehl kross umhüllte Garnelen?
Ja, ich stand 90 % meiner Freizeit in der Küche.
Hausfrau im Kochrausch
Ich gebe es zu, ich mutierte in dieser Anfangszeit zu einer Über-Hausfrau. Der Mann sah mich jeden Abend mit Schürze aus einer katastrophisch qualmenden, zischenden, blubbernden Küche kommen. Mit glänzenden Augen (und großem Hunger) setzte ich der Familie alle möglichen Experimente vor. Immer konform mit meinen Regeln, jeden Tag etwas anderes, zunehmend lecker, zunehmend schnell.
Natürlich gab (und gibt) es Tage, an denen ich keine Zeit oder keine Lust habe, zu kochen. Aber auch dafür bin ich präpariert. In Sachen Ernährung bin ich ein richtiger „Preppie“ geworden. Da gibt es dann Dosen, Gläser, Glutenfrei-Produkte und – nicht zu vergessen – die Reste von gestern.
Ein paar wirklich befriedigende „Snackideen“ halfen mir manchmal hinweg über jene gefährlichen abendlichen Momente, bei denen andere Leute sich über Süßigkeiten und Schokolade hermachen…
Nun ja, wir dürfen auch nicht zu viel von uns erwarten. Das Einzige, was mir hierbei ehrlicherweise nachhaltig hilft, ist das Vermeiden der ganzen Situation…
Der Weg ist noch nicht zu Ende. Er wird hoffentlich auch nie zu Ende sein, denn ich liebe nichts mehr als die Abwechslung!
Eine Regel ist dabei allerdings für mich förmlich in Stein gemeißelt:
„ES MUSS LECKER SEIN“
Ich stelle dir im Folgenden meine damaligen Listen vor.
Vielleicht inspirierten dich meine Ideen ein wenig.
Vermutlich ist es aber das Beste, du machst dir eine ganz eigene Liste…
Was möchte ich essen?
Voraussetzungen: Milchfrei, Zuckerfrei, Glutenfrei.
Gemüse ist das Wichtigste!
Gemüse
- Spinat
- Grünkohl
- Blumenkohl
- Broccoli
- Weißkohl
- Rotkohl
- Chinakohl
- Wirsing
- Fenchel
- Porree
- Möhren
- Petersilwurzeln
- Avocado
- Kartoffeln
- Süßkartoffeln
- Rote Beete
- Frühlingszwiebeln
- Zwiebeln
- Spargel
- Junge Brennesseln
- Junger Löwenzahn
- Sauerampfer
- Blattsalate
- Mungosprossen, Sojasprossen
- Alfalfasprossen, Kresse
- Pilze
- Paprika
- Tomaten
- Kürbis
- Gurken
- Zucchini
- Auberginen
- Artischocken
- Zucchiniblüten
- Radieschen
- Zuckerschoten
- Kichererbsen
- Kidneybohnen
- Weiße Bohnen
- Linsen
- Grüne Bohnen
- Schwarze Bohnen
- Tofu
Öle und Fette
- Olivenöl
- Kokosfett
- Leinöl
- Speck
- Ghee/Butterschmalz
- Pflanzenöle sehr sparsam
- Gänseschmalz
Getreide und Pseudogetreide
- Reis
- Buchweizen
- Hirse
- Quinoa
- Amaranth
- Mais
Aromatische Gemüse und trockene Gewürze
- Ingwer
- Galgant
- Zitronen, Limetten, Orangen
- Zitronenschalen, Limettenschalen, Orangenschalen
- Getrocknete Tomaten
- alle Gewürze der Welt
- Zwiebeln
- Knoblauch
- Lavendelblüten
- Kresse
- Getrocknete Pilze
- Kapern
- Oliven
Geschmacksgebende Lebensmittel
- Essig
- Worcestersoße
- Sojasoßen
- Fisch-, Oystersoße
- Paprikapasten Ajvar, Sambal Oelek
- Sesamsamen
- Pesto
- Currypasten
- Brühwürfel
- Speck
- Salami
- Anchovi
- Peperoni
- Borettane-Zwiebeln
- Saure Gurken, Silberzwiebeln, saures Gemüse
- Meerrettich
Milch und Sahneersatz
- Mandel-, Cashew-, Erdnussmus
- Tahine (Sesammus)
- Kokosmus, Kokosmilch
- Sojamilch
- Hafermilch
- Reismilch
- Cashewmilch
- Kokosjoghurt
Tierisches (nur Bio)
- Eier
- Fisch (keine Raubfische!)
- Räucherfisch
- Rind
- Bacon, Speck
- Schinken
- Bratenaufschnitt
- Hackfleisch
- Garnelen, Meeresfrüchte
- Kaninchen
- Reh
- Wildschwein
- Schwein sparsam
- Huhn
- Pute
- Strauß
Snackideen und Naschen
- Obst
- Trockenfrüchte: Datteln, Mango, Äpfel, Aprikosen, Feigen, Pflaumen, Rosinen, Cranberries
- Reis- oder Maiswaffeln mit Nussmus, Apfelmus oder veganen Aufstrichen
- Nüsse
- Creme aus Nussmus mit Zuckerersatz und Kakaopulver
- Popcorn
- gesalzene Kürbiskerne
Backzutaten
- Eier
- Buchweizenmehl
- Reismehl
- Maismehl
- Mandeln gemahlen
- Haselnüsse gemahlen
- Kichererbsenmehl
- Milchersatz s.o.
- Erythrit, Xylit
- Kokosblütenzucker, Agavendicksaft
Gerichtkategorien, die sich gut eignen:
- Eintöpfe
- Currys, Dals
- Suppen
- Salate
- Auflauf
- Gemüse mit Nusskruste
- Frittatas/Omeletts
- Risotto
- Fisch oder Fleisch mit gut gewürzter Gemüsebeilage
- Kartoffelgerichte
- Brotzeit mit Reis- und Maiswaffeln und veganen Aufstrichen
- Antipastiplatten mit Oliven, Kapern, Aufschnitt, essigsauren Gemüsen
- Buchweizen-Müsli mit Milchersatz, Früchten, Nüssen
- Glutenfreie Gebäcke
Für eilige Tage immer da haben:
- Bio-Linseneintopf (Dose)
- Bohnen, Kidneybohnen im Glas
- Wachsbrechbohnen im Glas
- Reiswaffeln
- Nussmus, Sesammus
- Fisch in der Dose
- Veganes Pesto
- Nüsse
- glutenfreie Nudeln
Das Kochen: Pflicht oder Kür?
Der Mensch wird nicht von heut‘ auf morgen zum begnadeten Koch. Ganz sicher nicht.
Ich musste viele, viele (auch blöde, unsinnige) Rezepte ausprobieren, viel planen und einkaufen, viel über meine Küche und die Küchengeräte darin nachdenken, ehe ich begann, mich in meiner neuen Rolle als „Köchin“ wohl zu fühlen.
Früher, vor der Ernährungsumstellung, habe ich immer zu Freunden, die meine Gerichte lobten, scherzhaft gesagt: „Tja, das ist nur deswegen so lecker, weil ich es einfach unheimlich gerne selbst so esse. Das Kochen würd‘ ich mir gerne sparen, aber irgendwer muss es ja machen…“
Nun, nachdem ich durch diese kleine Krise gegangen bin, in der ich lange das Gefühl hatte, „nichts mehr essen zu können“, hat sich nach und nach Einiges gewandelt.
Ich habe zu oft die Erfahrung machen müssen, dass ein „fremdgekochtes“ Essen problematisch ist. Es waren so gut wie immer Sachen drin, die ich nicht vertrug oder probeweise nicht mehr essen wollte.
Dagegen habe ich mit selbstgekochtem Essen immer öfter Erfolge zu verzeichnen gehabt: Unglaublich tolle, befriedigende Gerichte, die mich (und die Anderen!) satt und glücklich machen.
Und vor allem hatte ich dabei immer die Gewissheit, dass nichts Problematisches in meinem Essen ist.
Das gibt mir ein gutes Gefühl von Sicherheit, von Kontrolle und von Freiheit.
So wandelte sich das Kochen für mich irgendwann von einer ungeliebten Pflicht zu einer Art „Kunstform“.
Hier kann ich nicht nur zeigen, was ich kann und meine Familie damit glücklich machen, sondern ich habe mit der Kocherei auch die totale Kontrolle über meine Ernährung. Damit habe ich natürlich auch einen mächtigen Hebel in der Hand, mit dem ich meine Gesundheit auf ein ganz neues Niveau heben kann.
So sehr ich auch dem Brot, dem Käse und der Schokolade hinterhertrauere, ein Gutes hat die Beschränkung neben meinem Gesundwerden auch noch gebracht:
Ich habe Kochen gelernt!
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Bildquellen
- Hund_Waskannichdennnoch: Margherita Minuzzi